Frédéric Aquaviva führt durch seine Ausstellung in Berlin, Sonnenallee 99. Am 30.9. schließen sich die unscheinbaren Pforten zu einem dieser rar gewordenen Performance- und Ausstellungsorte, an denen mit ebenso viel Kenntnis- wie Erfinderreichtum monumental Bewegt-Bewegendes geschaffen wird – der Plaque Tournante des französischen Komponisten Frédéric Aquaviva und der englischen Mezzosopranistin Loré Lixenberg. In der Berliner Sonnenallee wird von nun an eine Lücke klaffen. Wie schade.
Doch davor wird am 29.9. unter dem Motto „Fuck gentrification“ noch die „Symphony n.5“ von Isou zu hören sein.
Das, worüber sich diese Pforten schließen, einer umfassenden Präsentation des gesamten Lebenswerks von Isidore Isou, hat uns überwältigt – ja sprachlos gemacht. Denn von dem Lettristen Isidore Isou vermuteten wir wohl Neuauflagen von Dada sowie Passagen vom müde gewordenen Surrealismus der Nachkriegszeit zu den Irreführungen der Situationisten, doch nicht diese lebenslange Neuerfindung des Erschaffens auf allen nur denkbaren künstlerischen Ebenen – die Befreiung und Verabsolutierung der Sprache im Namen des Buchstabens, subtile Zeichnungen, verrätselte Gemälde auf den Spuren von Rembrandt und van Gogh, Skandal umworbene Filme, Jugend- und Pornographie-Manifeste und Kompositionen. Und dann ist da dieser winzige mit blauem Plastik überdeckte Tisch mit dem abgeranzten Stuhl vor der weißen Wand, an dem Isou sich bis zuletzt asketisch-ruhelos der Inspiration hingegeben hat. Da friert einen schon ein wenig…
Frédéric ist ihm noch persönlich begegnet, bevor er 2007 verstarb, hat umfangreiches Archivmaterial und Wissen angesammelt – und breitet es hier in aller Fülle aus. Wir lauschen seiner (englischsprachigen) Führung.