Als Lutz Schulenburg am 1. Mai 2013 plötzlich starb, war für seine Verlagsgenossin und Lebensgefährtin Hanna Mittelstädt klar, dass auch für sie die Verlagsarbeit zu Ende war. Es folgte die Übergabe der Edition Nautilus an eine jüngere Generation und eine lange Phase der Ablösung von vierzig Jahren Totaleinsatz für das gemeinsame Projekt, die übers Schreiben und Performen in die Hanna Mittelstädt und Lutz Schulenburg-Stiftung mündete – und eine Verlagschronik, die so gar keine Chronik ist, sondern das wunderbar unordentliche Clair-obscur der »Erfindung eines anderen Lebens« nach dem situationistisch detournierenden Motto »Arbeitet nie!«. Es ist ein überaus berührendes, heiteres, ein mutig persönliches und zugleich generationsübergreifendes Buch geworden, in das man sich ganz und gar hineinwerfen oder -wühlen kann. Das sich aber auch spontan aufschlagen lässt, und dann begegnen einem Sätze wie diese:
»Die Zeit. Manche Tage sind so lang, da weiß ich abends nicht mehr, was morgens war, und manche sind so kurz, da lieg ich im Bett, kaum bin ich aufgestanden. An den langen Tagen ist Lutz immer dabei, wenigstens erzähle ich ihm abends im Bett, was alles los war, wie unglaublich das ist, wie voll und stark. Und dann schlafe ich kaum, und nach dem kurzen Schlaf kam mir einmal ein Träumchen in den Sinn, und auf die Frage, wie das Ende für ihn sein soll, sagte Träumchen, ich knöpf meiner Freundin die Bluse auf und streichel sie, bis sie glücklich ist, und dann bin ichs auch, und dann gehen wir beide mit einem Lächeln vor Glück.«
Die Buchpremiere fand am 9. März 2023 im Nachtasyl statt und ist hier nachzuhören. Es moderierte Hans-Christian Dany, die musikalischen Auszüge stammen aus dem Stück »Mäntel« vom Album MARIAHILFF (2009) der gleichnamigen Band.
Die folgende Fotogalerie zeigt Bilder aus einer Ausstellung früher Drucksachen des Verlags, die Roberto Ohrt, Belinda Grace Gardner und Knut Wittmaack parallel zur Buchpremiere im 8. Salon kuriert hatten.