2020 erschien im Alexander-Verlag Berlin unter dem Titel »Das Theater und die Pest« ein kleiner feiner Band mit fünf programmatischen Texten aus Antonin Artauds »Das Theater und sein Double«, die gedeutet und beleuchtet werden durch Texte von André Breton, Jerzy Grotowski, Anaïs Nin und Heiner Müller. Herausgegeben wurden sie vom Leiter des Verlags, Alexander Wewerka, selbst. Anlass genug für ein Gespräch in einer Zeit der Not, in der Theater (und Kultur) gerade Not täten, aber von den Regenten der Gesellschaft für nicht notwendig erachtet werden.
Folgende Worte des meisterhaften Vertreters der Not-Wendigkeit Artaud in der Verlagsankündigung könnten treffender nicht sein: »Wie die Pest ist das Theater eine Krise, die mit dem Tod oder der Heilung endet. Und die Pest ist ein höheres Leiden, weil sie eine vollständige Krise ist, nach der nichts übrig bleibt als der Tod oder eine Läuterung ohne Maß. So ist auch das Theater ein Leiden, denn es stellt das höchste Gleichgewicht dar, das nicht ohne Zerstörung erreichbar ist. Es lädt den Geist zu einer Raserei ein, die zu einer Steigerung seiner Energien führt; und schließlich kann man sehen, dass vom menschlichen Standpunkt aus die Wirkung des Theaters wie die der Pest wohltuend ist; denn indem sie die Menschen dazu bringt, sich zu sehen, so wie sie sind, lässt sie die Maske fallen, deckt sie die Lüge, die Schwäche, die Niedrigkeit, die Heuchelei auf; sie schüttelt die erstickende Trägheit der Materie, die sogar der klarsten Gegebenheiten der Sinne sich bemächtigt; und indem sie den Kollektiven ihre düstre Macht, ihre verborgene Stärke offenbart, fordert sie sie auf, angesichts des Verhängnisses eine überlegene, heroische Haltung einzunehmen, zu der sie ohne sie niemals gefunden hätten.«