Im September 2024 erschien im Verlag Edition Nautilus das Buch Der Sprung aus der Zeit mit den wichtigsten Texte Franz Jungs, zusammengestellt von den profunden Jung-Kennern und -Förderern Hanna Mittelstädt und Wolfgang Bortlik. Beide hatten sich in der früheren Edition Nautilus, die von Hanna Mittelstädt und Lutz Schulenburg 1973 gegründet worden war, auf das Abenteuer einer 14-bändigen Franz-Jung-Werkausgabe eingelassen, die dank einer grandiosen ost-westdeutschen Zusammenarbeit 1980-1996 das Licht der Welt erblickte (siehe hierzu ⇒). Der gerade erschienene Sammelband zeigt von expressionistischer Provokation bis zur kühlen Analyse, von gemeinschaftlicher Glückssuche bis zu familiären Verstrickungen, von Dada bis zu radikaler politischer Literatur die außergewöhnliche Figur Franz Jung in all ihren Facetten und Wirkungsbereichen. Die Zeitspanne zwischen der deutschen Revolution 1918 und dem Beginn des Faschismus gehört zu Jungs wichtigster Zeit: Er analysiert, agitiert und produziert sowohl praktisch als auch schriftstellerisch. Aus diesen Erfahrungen lässt sich auch heute noch viel lernen, Jungs Mut, analytische Schärfe und poetische Kraft haben von ihrer Faszination nichts verloren.
Zum Autor: Franz Jung, 1888 in Neiße/Oberschlesien geboren. Börsenjournalist, Bohémien, Wirtschaftsanalytiker und revolutionärer Aktivist. Mitinitiator der Dada-Bewegung, Teilnahme an den revolutionären Kämpfen nach 1918 und an der Entführung eines Schiffes nach Russland, um mit Lenin über die Revolution zu diskutieren. In der frühen Sowjetunion als Organisator der Hungerhilfe und im Wirtschaftssektor tätig. Nach 1933 von den Nazis verhaftet, illegale Tätigkeit in Genf, Wien, Budapest. 1944 Flucht nach Italien, 1947 in die USA. Ende der 1950er Rückkehr nach Europa. 1961 erscheint seine Autobiographie Der Weg nach unten. Jung stirbt 1963 in Stuttgart.
Zu den Akteuren der Lesung im Nachtasyl des Thalia-Theaters am 22. November 2024: Jörg Pohl und Lars Rudolph gehen den Texten in Der Sprung aus der Zeit und der darin immer wieder aufscheinenden »Technik des Glücks« lesend und mit Solotrompete nach, Hanna Mittelstädt stellt Autor und Werk vor. Lars Rudolph – Schauspieler und Musiker – steuerte schon 1995 mit seiner damaligen Band »Ich schwitze nie« die Musik bei, als nach dem Fall der Mauer die beiden Theater Magdeburg und Tübingen in einem Marathon sämtliche Theaterstücke Franz Jungs auf die Bühne brachten. Jörg Pohl – Schauspieldirektor und Schauspieler am Theater Basel, der 2023 den Gertrud-Eysoldt-Ring überreicht bekam – las 2017 in einer ersten großen Franz-Jung-Lesefolge mit E-Gitarre und Foto-Film-Sequenzen unter dem Titel »Der Torpedokäfer« zusammen mit Corinna Harfouch die Premiere im Thalia in der Gaussstraße.
Siehe auch ⇒ Hanna Mittelstädt und die »Technik des Glücks« sowie ⇒ zur Premiere der Verlagschronik Arbeitet nie! Die Erfindung eines anderen Lebens ∗∗∗